In dieser Rubrik erscheinen wöchentlich ausgewählte Artikel aus unabhängigen, meinungsstarken Medien – zusammengestellt von meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Als Abgeordneter bleibt im politischen Alltag oft zu wenig Zeit, um sich selbst täglich durch die Vielzahl an relevanten Beiträgen zu arbeiten. Deshalb erhalte ich regelmäßig ein fundiertes Pressebriefing, aus dem hier einige besonders lesenswerte Texte hervorgehoben werden. Die Auswahl setzt Impulse, regt zum Nachdenken an und eröffnet Perspektiven jenseits des etablierten Meinungskanons – zu Themen, die auch meine Arbeit im Landtag prägen: Frieden, Europa und die gesellschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland.
Hinweis: Die hier empfohlenen Beiträge spiegeln nicht in jedem Fall die Positionen von Nico Rudolph oder seinem Team wider. Sie wurden aufgrund ihrer inhaltlichen Relevanz und Impulsstärke ausgewählt.
Globalbridge: „Kanzler Merz, der Kalte Krieger“
von Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer
Zusammenfassung
Der Kommentar beleuchtet die Außen- und Kriegspolitik von Bundeskanzler Merz im Kontext des Ukraine-Kriegs und wirft ihm eine aggressive transatlantische Linie vor. Ausgehend vom symbolträchtigen Datum 13. August wird ein Bogen geschlagen vom Mauerbau 1961 zur „diplomatischen Mauer“ des Kanzlers 2025. Merz’ transatlantische Gefolgschaft gegenüber Trump und seine ablehnende Haltung zu Friedensverhandlungen mit Russland stehen dabei im Mittelpunkt. Der Text kritisiert scharf den deutschen Journalismus, insbesondere die Tagesschau, und prangert deren propagandistische Kriegsrhetorik an. Darüber hinaus stellt der Artikel die westliche Völkerrechtserzählung in Frage, thematisiert die Mitverantwortung der USA und Deutschlands am Ukraine-Krieg und legt die historischen Wurzeln westlicher Kriegspolitik offen. Abschließend wird Deutschland als Kriegspartei bezeichnet und ein Bruch des Grundgesetzes sowie des 2+4-Vertrags konstatiert.
Einordnung
Ein Kommentar mit klarem Standpunkt gegen Aufrüstung, Kriegsbeteiligung und mediale Gleichschaltung. Bräutigam und Klinkhammer setzen dem offiziellen Narrativ über Putins „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ eine radikale Gegenerzählung entgegen, die deutsche Mitverantwortung, westliche Heuchelei beim Völkerrecht und die Rolle der Medien in den Fokus rückt. Besonders relevant ist der Hinweis auf Deutschlands faktische Kriegsbeteiligung – auch nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes. Der Text benennt offen die Brüche mit dem 2+4-Vertrag und dem Grundgesetz – Aspekte, die in der öffentlichen Debatte kaum aufgegriffen werden, aber grundsätzliche Fragen nach dem Kurs der Bundesregierung aufwerfen.
Globalbridge: „Nicht ‚kneifen‘: ‚Reinspringen‘ – und zwar ‚sportlich‘!“
von Leo Ensel
Zusammenfassung
Leo Ensel kommentiert ein Interview des Oberst a.D. Ralph Thiele bei ntv, in dem dieser offen über deutsche „Friedenstruppen“ in der Ukraine spricht – mit bemerkenswerter Nonchalance gegenüber der Gefahr eines direkten Kriegs mit Russland. Thiele kritisiert die mangelnde Einsatzfähigkeit der Bundeswehr, fordert energischere Rüstungsbestellungen und stellt offen die Option in den Raum, dass deutsche Truppen in Kampfhandlungen verwickelt werden könnten. Er spricht vom „sportlichen Reinspringen“ in den Konflikt und konstatiert nüchtern, dass Deutschland faktisch bereits Kriegspartei sei. Ensel analysiert die Aussagen scharf, beleuchtet die zugrundeliegenden Narrative von Führungsmacht, Kriegsbereitschaft und nuklearer Drohkulisse – und kritisiert zugleich die fehlende journalistische Einordnung durch ntv.
Einordnung
Ensel gelingt eine pointierte Demontage eines sicherheitspolitischen Diskurses, der sich zusehends entgrenzt. Die Aussagen Thieles offenbaren, wie normalisiert die Vorstellung militärischer Eskalation inzwischen selbst bei öffentlichen Auftritten geworden ist – flankiert von politischer Rhetorik über deutsche „Führungsverantwortung“. Brisant ist die Selbstverständlichkeit, mit der eine direkte deutsche Beteiligung am Ukrainekrieg in Betracht gezogen wird – und das mediale Schweigen dazu. Der Beitrag ist eine eindringliche Mahnung vor dem schleichenden Abgleiten in einen offenen Krieg mit Russland – getragen von technokratischer Sprache und fehlender kritischer Distanz.
NachDenkSeiten: „Medien im Propagandarausch: Der Militarismus sitzt in den Redaktionen“
von Marcus Klöckner
Zusammenfassung
Marcus Klöckner kritisiert in seinem Kommentar die alarmistische und zunehmend militaristische Berichterstattung deutscher Leitmedien. Am Beispiel von Interviews bei BR24 und in der Zeit zeigt er auf, wie Feindbilder – insbesondere gegenüber Russland – durch zugespitzte Formulierungen, fehlende Kontextualisierung und einseitige Expertenmeinungen medial verfestigt werden. Aussagen wie die eines Militärexperten, der mit „100 Prozent Wahrscheinlichkeit“ einen russischen Angriff vorhersagt, bleiben ebenso unwidersprochen wie ideologisch aufgeladene Narrative über deutsche „Führungsverantwortung“. Kritische Rückfragen, alternative Perspektiven oder geopolitische Einordnungen fehlen weitgehend. Statt journalistischer Aufklärung dominieren Emotionalisierung, Simplifizierung und Eskalationsrhetorik.
Einordnung
Der Artikel legt schonungslos offen, wie stark sich Teile des deutschen Medienbetriebs dem militärischen Narrativ verschrieben haben – oft ohne transparente Quellenangaben oder kritische Distanz zu Akteuren wie NATO-nahen Thinktanks. Die Grenze zwischen Berichterstattung und Propaganda verwischt zunehmend, während komplexe geopolitische Konstellationen auf binäre Feindbilder reduziert werden. Klöckners Analyse ist ein Appell an die Rückbesinnung auf journalistische Standards, insbesondere im Kontext von Krieg und Frieden. In der Summe entsteht ein beunruhigendes Bild: Der Stahlhelm sitzt nicht nur auf dem Kopf mancher Militärexperten, sondern längst auch in vielen Redaktionen.
Overton: „Zero Covid, Zero Russia, Zero AfD – verbieten als Identitätsstörung“
von Roberto De Lapuente
Zusammenfassung
Roberto De Lapuente kritisiert die wachsende Verbotslust im politischen Diskurs, exemplarisch am Beispiel der Diskussion um ein AfD-Verbot. Statt auf juristische Kriterien gestützt, speise sich die Forderung oft aus emotionalen Reaktionen und moralischem Furor. Der Autor bezweifelt die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens und warnt vor möglichen Gegenreaktionen: Ein Verbot könne mehr neue AfD-Wähler mobilisieren als abschrecken. Zudem werde die Demokratie selbst gefährdet, wenn strategisches Denken durch moralischen Rigorismus ersetzt werde. Der Beitrag zieht eine Linie von der kompromisslosen Zero-Covid-Politik über die Russland-Sanktionen bis zur heutigen AfD-Delegitimierung – alles Ausdruck eines politischen Aktivismus, der eher identitäre Selbstvergewisserung betreibe als verantwortungsvolle Politik.
Einordnung
Der Artikel hinterfragt nicht nur die Praktikabilität eines AfD-Verbots, sondern vor allem die Haltung derer, die es fordern. De Lapuente sieht darin ein Muster autoritärer Tendenzen in Teilen des Bürgertums, das politische Gegner wie Viren oder Feinde behandelt, die „ausgerottet“ werden müssten. Diese radikalisierte Verbotskultur sei letztlich Ausdruck einer narzisstischen Identitätsstörung: Die moralische Reinheit werde über strategische Vernunft gestellt – selbst auf Kosten von Demokratie, Rechtsstaat und gesellschaftlichem Frieden. Eine unbequeme Analyse, die zur Selbstkritik anregt.
NachDenkSeiten: „ARD zu Odessa: Ohne Rückgrat und im Zweifel Russland-feindlich“
von Ulrich Heyden
Zusammenfassung
Ulrich Heyden kritisiert die ARD-Berichterstattung zum ukrainischen Unabhängigkeitstag aus Odessa als einseitig, propagandistisch und geschichtsvergessen. Die Darstellung eines durchweg freiwilligen Sprachwechsels vom Russischen zum Ukrainischen ignoriere laut Heyden den politischen und repressiven Druck, unter dem russischsprachige Menschen seit 2014 lebten. Auch zentrale historische Fakten – etwa zur Gründung der Stadt Odessa durch Katharina die Große oder zur Rolle des Russischen als Alltagssprache in der multinationalen Stadt – würden ausgeblendet. Die ARD verschweige zudem die Folgen des Gewerkschaftshaus-Massakers von 2014, das bis heute eine Atmosphäre der Angst für Russland-freundliche Bürger in Odessa schaffe.
Einordnung
Heyden prangert an, dass sich die öffentlich-rechtliche Berichterstattung zunehmend in ein NATO-nahes Meinungskorsett füge. Die Position des ARD-Korrespondenten sei nicht mehr die eines abwägenden Beobachters, sondern die eines Meinungsverstärkers für ukrainischen Nationalismus. Gerade angesichts der historischen und kulturellen Komplexität von Odessa fordert Heyden differenzierte, ausgewogene Berichterstattung – und warnt vor journalistischer Verantwortungslosigkeit, die mit zur Eskalation beiträgt. Sein Beitrag ist zugleich ein Aufruf, sich gegen manipulative Narrative zur Wehr zu setzen und Geschichte wie Gegenwart kritisch einzuordnen.
Globalbridge: „Selenskyj steht einer Friedenslösung im Weg“
von Thomas Kaiser
Zusammenfassung
Im Interview mit „Zeitgeschehen im Fokus“ äußert sich General a. D. Harald Kujat kritisch zur aktuellen Rolle des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Laut Kujat seien Friedensverhandlungen zuletzt unter anderem daran gescheitert, dass Selenskyj sich weigerte, substanzielle Punkte zu verhandeln. Trump habe mit einem 50-Tage-Ultimatum neue Bewegung in die diplomatischen Bemühungen gebracht, während Russland laut Kujat grundsätzlich zu Verhandlungen bereit sei. Kujat weist zudem auf interne politische Spannungen in der Ukraine hin, insbesondere auf Selenskyjs Legitimitätsverlust und mögliche Ablösung durch den früheren General Saluschnyj. Auch Trumps Strategie, sich als neutraler Vermittler zu positionieren und den Europäern die Verantwortung für Waffenlieferungen zu übertragen, wird thematisiert. Kujat kritisiert darüber hinaus die Kriegsrhetorik deutscher Politiker, die aus seiner Sicht im Widerspruch zum Geist des Grundgesetzes stehe.
Einordnung
Das Interview mit Harald Kujat bietet eine strategisch-militärische Innenperspektive auf den Ukrainekrieg und wirft die Frage auf, ob Selenskyj zum Hindernis für eine diplomatische Lösung geworden ist. Kujats Argumentation stützt sich auf seine langjährige Erfahrung in NATO-Strukturen, nimmt jedoch eine Sichtweise ein, die im aktuellen politischen Diskurs selten vertreten ist. Seine Aussagen zeigen, wie stark sich transatlantische Rollenbilder im Konflikt verschieben – etwa durch Trumps diplomatische Ambitionen, europäische Waffenpflichten und das Ausloten neuer Allianzen (z. B. China-Brasilien). Zugleich verdeutlicht das Gespräch, dass Friedensoptionen nicht an mangelnder Gesprächsbereitschaft Russlands scheitern müssen, sondern auch an innenpolitischen Interessenlagen in Kiew. Kujats deutliche Worte zur deutschen Kriegsrhetorik stellen eine Mahnung dar, den friedenspolitischen Verfassungsauftrag nicht aus den Augen zu verlieren.