In dieser Rubrik erscheinen wöchentlich ausgewählte Artikel aus unabhängigen, meinungsstarken Medien – zusammengestellt von meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Als Abgeordneter bleibt im politischen Alltag oft zu wenig Zeit, um sich selbst täglich durch die Vielzahl an relevanten Beiträgen zu arbeiten. Deshalb erhalte ich regelmäßig ein fundiertes Pressebriefing, aus dem hier einige besonders lesenswerte Texte hervorgehoben werden.
Die Auswahl setzt Impulse, regt zum Nachdenken an und eröffnet Perspektiven jenseits des etablierten Meinungskanons – zu Themen, die auch meine Arbeit im Landtag prägen: Frieden, Europa und die gesellschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland.
Hinweis: Die hier empfohlenen Beiträge spiegeln nicht in jedem Fall die Positionen von Nico Rudolph oder seinem Team wider. Sie wurden aufgrund ihrer inhaltlichen Relevanz und Impulsstärke ausgewählt.
NachDenkSeiten: „‚Ein höchst riskantes Spiel‘ – General a. D. Kujat zu den Drohnenangriffen auf strategische Bomber Russlands“
von Éva Péli
Zusammenfassung
Im Interview mit Éva Péli warnt General a. D. Harald Kujat vor den Folgen der ukrainischen Drohnenangriffe auf Russlands strategische Bomberflotte. Er sieht darin keine militärisch relevante, sondern eine politisch riskante Aktion mit Eskalationspotenzial – vor allem angesichts der Nähe zu nuklearen Einrichtungen. Kujat betont, dass solche Angriffe den strategischen Gleichgewichtsfaktor zwischen den Nuklearmächten untergraben könnten und möglicherweise auf eine Ausweitung des Krieges abzielen. Zugleich unterstreicht er die Bedeutung der laufenden Verhandlungen in Istanbul und der Kommunikationskanäle zwischen Washington und Moskau.
Einordnung
Kujats Analyse hebt einen oft übersehenen Aspekt des Krieges hervor: die Verwundbarkeit strategischer Stabilität durch Aktionen Dritter. In Zeiten hitziger Rhetorik ist seine nüchterne Einschätzung wohltuend – gerade weil sie zeigt, wie schmal der Grat zwischen kalkuliertem Risiko und irreversibler Eskalation geworden ist. Wer über Frieden sprechen will, muss auch anerkennen, dass militärische „Erfolge“ mitunter politisch brandgefährlich sind.
Globalbridge: „Ist Frieden zwischen Russland, der Ukraine und dem Westen überhaupt noch möglich?“
von Stefano di Lorenzo
Zusammenfassung
Der Artikel zeichnet ein umfassendes Bild der aktuellen Eskalation rund um die ukrainischen Angriffe auf russische Bomber und deren Folgen für die laufenden Verhandlungen. Di Lorenzo kritisiert den westlichen Diskurs, der Russland als alleinige Ursache des Krieges darstellt, und erinnert an die zahlreichen ignorierten Warnungen Moskaus in Bezug auf die NATO-Osterweiterung. Unter Rückgriff auf geopolitische Entwicklungen, diplomatische Versäumnisse und historische Narrative argumentiert der Beitrag, dass der Westen durch seine Maximalforderungen und einseitige Schuldzuweisungen aktiv zur Blockade diplomatischer Lösungen beiträgt.
Einordnung
Ein engagierter, streitbarer Beitrag, der die strategische Blindheit westlicher Politik ins Zentrum rückt. Di Lorenzo stellt notwendige Fragen: Welche diplomatischen Chancen wurden verspielt? Wessen Interessen verhindern heute Frieden? Wer Frieden will, muss nicht alles russische Handeln gutheißen – aber verstehen wollen, warum diplomatische Vorschläge scheitern, statt moralische Überheblichkeit zum Kompass zu machen. Der Text fordert zur Selbstreflexion westlicher Narrative heraus – gerade weil er unbequem ist.
NachDenkSeiten: „Ulrike Guérot: ‚Es geht nicht um Logik, es geht um Propaganda‘“
von Marcus Klöckner
Zusammenfassung
Im Gespräch mit den NachDenkSeiten stellt Ulrike Guérot zentrale Thesen ihres neuen Buches „ZeitenWenden“ vor. Sie kritisiert die geistige Verengung westlicher Gesellschaften, die Auflösung demokratischer Prinzipien durch Meinungskorridore, Propaganda und mediale Steuerung. Der Ukrainekrieg wird als Ergebnis einer „fabrizierten Realität“ analysiert – mit klarer Kritik an Aufrüstung, Cancel Culture und der fehlenden Friedensbereitschaft. Guérot plädiert für eine Rückkehr zu aufrichtiger demokratischer Streitkultur und einem republikanischen Bürgersinn.
Einordnung
Ein tiefgehendes Interview über den Verlust epistemischer Orientierung, die Rolle der Medien im „manufactured consent“ und die Verschiebung des politischen Diskurses. Guérot fordert eine geistige Zeitenwende – weg von Polarisierung und Propagandakriegen, hin zu einer politischen Öffentlichkeit, die Differenzierung und Selbstreflexion wieder möglich macht. Ein Plädoyer für Demokratie, das unbequem bleibt – aber gerade deshalb lesenswert ist.
NachDenkSeiten: „Schießkrieg und Wirtschaftskrieg hängen eng zusammen“
Éva Péli im Gespräch mit Hannes Hofbauer
Zusammenfassung
Wirtschaftshistoriker Hannes Hofbauer erläutert, warum Sanktionen historisch oft mit kriegerischen Eskalationen einhergehen und besonders im Fall Russlands ihr Ziel verfehlen. Die EU schade sich damit selbst, während Russland Wege zur Umgehung finde. Besonders scharf kritisiert Hofbauer die Sanktionen gegen EU-Bürger wie Alina Lipp oder Thomas Röper, die er als rechtsstaatlich fragwürdig und existenzbedrohend bezeichnet.
Einordnung
Ein Beitrag, der wirtschaftspolitische Kritik mit grundsätzlicher Systemanalyse verbindet. Hofbauers Argumentation zielt auf die Instrumentalisierung des Sanktionsregimes nach außen wie innen – mit klarer Warnung vor einem autoritär werdenden Liberalismus in Europa. Provokant, analytisch – und für friedenspolitische Diskurse von hoher Relevanz.
NachDenkSeiten: „Nur die Europäer können den Krieg in der Ukraine jetzt beenden – sie müssen dies aber auch wollen“
von Jens Berger
Zusammenfassung
Jens Berger analysiert das russische Memorandum zur Beendigung des Ukrainekriegs und konstatiert, dass trotz der als „Maximalforderungen“ bezeichneten Vorschläge insbesondere die territorialen Aspekte nicht das größte Hindernis für einen Frieden darstellen. Vielmehr seien Fragen zur NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und zu internationalen Sicherheitsgarantien ausschlaggebend – und diese könnten weder allein in Kiew noch in Moskau entschieden werden. Da es sich um geopolitische Kernfragen handelt, müssten insbesondere Berlin, Paris und London aktiv in Verhandlungen eingebunden werden. Laut Berger blockieren diese europäischen Hauptstädte derzeit jedoch eine Friedenslösung, während die USA sich allmählich zurückziehen. Er warnt vor einer Strategie der Militarisierung Europas durch eine fortdauernde Bedrohungserzählung und plädiert für eine multipolare Sicherheitsarchitektur unter Einbeziehung von Staaten wie China oder Indien. Friedensverhandlungen seien unausweichlich – und Europa stehe in der Pflicht, diese nicht länger zu behindern.
Einordnung
Der Beitrag liefert eine geopolitisch argumentierende Kritik an der aktuellen europäischen Ukraine-Politik und betont die Verantwortung Europas für eine diplomatische Lösung. Berger stellt westliche Akteure als zentrale Blockierer eines möglichen Friedens dar und unterstellt ihnen strategisches Interesse an der Fortsetzung des Konflikts. In seiner Argumentation verweist er auf reale Verhandlungspunkte vergangener Gespräche (z. B. Istanbul 2022), kombiniert dies aber mit spekulativen Aussagen zur strategischen Zielsetzung europäischer Regierungen. Die Analyse bleibt dezidiert systemkritisch, stellt die offiziellen Narrative westlicher Politik in Frage und folgt einer realpolitisch geprägten Lesart des Konflikts.
Manova: „Doppeltes Erwachen“
von Thomas Eisinger
Zusammenfassung
Thomas Eisinger reflektiert über den Prozess des politischen „Aufwachens“ – insbesondere während der Corona-Jahre – und plädiert für ein weiterführendes, „zweites Erwachen“, das über politische Narrative hinausgeht und die Identifikation mit der materiellen Welt hinterfragt. Er beschreibt, wie kritisches Hinterfragen politisch-medialer Wirklichkeitskonstruktionen einerseits zu Isolation und Verzweiflung führen kann, andererseits aber eine spirituelle Vertiefung und innere Befreiung ermöglicht. Die dauerhafte Beschäftigung mit systemischen Missständen sei nur dann gesund, wenn sie durch innere Distanz, Achtsamkeit und ein Bewusstsein für den eigenen Wirkungsbereich ergänzt werde.
Einordnung
Ein nachdenklicher Essay an der Schnittstelle von Medienkritik, Gesellschaftsdiagnose und existenzieller Sinnsuche. Eisingers Text öffnet einen selten geführten Diskurs: Wie gehen kritische Menschen mit dem seelischen Druck permanenter Empörung um? Die Antwort liegt nicht im Rückzug, sondern im Perspektivwechsel – hin zu innerer Klarheit, Gelassenheit und persönlicher Souveränität. Wer politische Aufklärung ernst nimmt, kommt irgendwann an den Punkt, wo äußere Kritik und innere Arbeit zusammengehören.
Globalbridge: „Warum führen wir einen Krieg gegen Russland?“
von Diether Gräf
Zusammenfassung
In seinem umfassenden Essay analysiert Diether Gräf die Ursprünge und Narrative des Ukraine-Krieges aus einer kritischen Perspektive. Er hinterfragt die gängigen westlichen Deutungsmuster, insbesondere die Darstellung Russlands als alleiniger Aggressor. Gräf zeigt, wie mediale Rhetorik, politische Interessen, historisch gewachsene Feindbilder und militärstrategische Pläne ineinandergreifen. Er verweist auf unbelegte oder manipulierte Aussagen über Putins angebliche Expansionspläne und kritisiert die westliche Eskalationspolitik als gefährlich und hegemonial. Zugleich beleuchtet er die Vorgeschichte des Konflikts, etwa die Rolle westlicher Staaten beim Umsturz in der Ukraine 2014, und warnt vor der schleichenden Normalisierung präventiver Kriegsvorbereitungen durch NATO-Staaten.
Einordnung
Gräfs Beitrag ist eine pointierte Gegenerzählung zum herrschenden sicherheitspolitischen Diskurs. Seine These: Der Westen sei längst nicht Verteidiger, sondern Mitverursacher der Eskalation. Durch umfangreiche Quellen, historische Rückgriffe und institutionenkritische Argumentation öffnet er Raum für eine Debatte, die in der offiziellen Öffentlichkeit kaum mehr stattfindet. Dass dabei auch polemische Spitzen und pauschale Zuschreibungen vorkommen, mindert nicht die Relevanz seiner Kernbotschaft: Wer Frieden will, muss Machtinteressen entlarven – auf beiden Seiten.
Globalbridge: „Medien. Macht. Meinung. Auf dem Weg in die Kriegstüchtigkeit“
von Renate Dillmann
Zusammenfassung
Globalbridge veröffentlicht Auszüge aus Renate Dillmanns neuem Buch, das die politische Funktion der Medien im Kontext wachsender Aufrüstungs- und Kriegsrhetorik untersucht. Die Autorin analysiert die Mechanismen medialer Meinungsmache, darunter selektive Berichterstattung, Framing und die Konstruktion von Feindbildern. Sie kritisiert die einseitige Darstellung geopolitischer Konflikte – etwa in der Ukraine, in Gaza oder mit Blick auf China – und zeigt, wie Leitmedien aktiv zur geistigen Kriegsvorbereitung beitragen. Dillmann sieht die bürgerliche Öffentlichkeit zunehmend als verlängerter Arm staatlicher Machtinteressen und warnt vor dem Verlust echter Pressefreiheit in einem Klima wachsender Repression und Konformität.
Einordnung
Der Text ist ein eindringlicher Appell gegen den medialen Gleichklang in Zeiten der „Zeitenwende“. Dillmann verbindet scharfe Medienkritik mit einer grundsätzlichen Analyse der Verflechtung von Staat, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Die Kernaussage: Demokratie verliert ihre Substanz, wenn kritische Stimmen systematisch marginalisiert und abweichende Meinungen als Bedrohung behandelt werden. Wer sich gegen die Militarisierung der Gesellschaft stellt, so das Buch, muss auch den Beitrag der Medien zur Normalisierung des Krieges hinterfragen. Ein wichtiger Beitrag für alle, die hinter die Schlagzeilen blicken wollen.