In dieser Rubrik erscheinen wöchentlich ausgewählte Artikel aus unabhängigen, meinungsstarken Medien – zusammengestellt von meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Als Abgeordneter bleibt im politischen Alltag oft zu wenig Zeit, um sich selbst täglich durch die Vielzahl an relevanten Beiträgen zu arbeiten. Deshalb erhalte ich regelmäßig ein fundiertes Pressebriefing, aus dem hier einige besonders lesenswerte Texte hervorgehoben werden.
Die Auswahl setzt Impulse, regt zum Nachdenken an und eröffnet Perspektiven jenseits des etablierten Meinungskanons – zu Themen, die auch meine Arbeit im Landtag prägen: Frieden, Europa und die gesellschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland.
Hinweis: Die hier empfohlenen Beiträge spiegeln nicht in jedem Fall die Positionen von Nico Rudolph oder seinem Team wider. Sie wurden aufgrund ihrer inhaltlichen Relevanz und Impulsstärke ausgewählt.
NachDenkSeiten: „Bedrohung des westlichen Denkens“
von Rüdiger Rauls
Zusammenfassung
Rüdiger Rauls analysiert die BRICS-Staaten als geopolitische Herausforderung – nicht aufgrund militärischer Stärke, sondern wegen eines alternativen Verständnisses internationaler Kooperation. Der Westen interpretiere BRICS fälschlich als Blockbildung, obwohl es sich um ein loses Netzwerk wachsender Staaten handle, die wirtschaftlich und finanziell eigene Wege gehen – etwa durch Tauschhandel, nationale Währungen oder Infrastrukturprojekte. Der Artikel beleuchtet Chinas Rolle als Motor dieses Umdenkens und zeigt, wie durch die Erosion westlicher Finanzdominanz neue globale Spielräume entstehen.
Einordnung
Rauls’ Beitrag öffnet den Blick auf globale Machtverschiebungen jenseits militärischer Stärke. Er deutet BRICS nicht als neue Supermacht, sondern als Signal für ein Umdenken: Kooperation statt Hegemonie, Diversifizierung statt Dollarabhängigkeit. Wer den Wandel der internationalen Ordnung verstehen will, findet hier eine sachlich argumentierte, wirtschaftspolitisch fundierte Analyse – auch als Einladung zur selbstkritischen Betrachtung westlicher Selbstverständlichkeiten.
NachDenkSeiten: „Maria Sacharowa: Deutschland hat seine eigene Geschichte vergessen“
von Tobias Riegel
Zusammenfassung
Tobias Riegel kommentiert aktuelle Äußerungen der russischen Außenamtssprecherin Maria Sacharowa, die Deutschland vorwirft, seine historische Verantwortung gegenüber Russland zu vergessen. Der Artikel stellt zentrale Zitate vor, in denen Sacharowa Deutschland einen Verrat an der gemeinsamen Nachkriegsgeschichte und eine gefährliche Eskalation in Richtung eines direkten Konflikts mit Russland vorhält. Riegel betont, dass diese Position nicht kritiklos übernommen werden müsse, aber als Gegengewicht zur hiesigen militarisierten Debatte hilfreich sei. Er plädiert für diplomatische Lösungen und warnt vor einem erneuten Krieg zwischen Deutschland und Russland.
Einordnung
Der Beitrag ist ein bewusster Gegenentwurf zur vorherrschenden außenpolitischen Erzählung in Deutschland. Er eröffnet einen Raum für kritische Stimmen, die im medial-politischen Diskurs oft ausgeblendet werden – nicht, um russische Narrative zu übernehmen, sondern um die ideologische Erstarrung im deutschen Umgang mit Russland aufzubrechen. Riegels Kommentar legt den Finger auf wunde Punkte: die selektive Erinnerung an die deutsche Geschichte, das Ausblenden der sowjetischen Rolle bei der Wiedervereinigung und die wachsende Kriegsbereitschaft gegenüber einem Land, dem gegenüber Deutschland einst besondere Verantwortung anerkannte. Die vorgestellten Zitate Sacharowas provozieren – aber sie zwingen auch zur Auseinandersetzung mit dem moralischen Fundament deutscher Außenpolitik. Wer Frieden will, muss auch unbequeme Perspektiven zulassen.
Globalbridge: „Europa neu erfinden“
von Sabiene Jahn
Zusammenfassung
Sabiene Jahns Essay ist ein leidenschaftlicher Aufruf zu einer politischen, geistigen und institutionellen Neuerfindung Europas. Ausgehend von aktuellen geopolitischen Spannungen, Trumps Rückkehr, dem Ukrainekrieg und inneren Blockaden der EU, entwirft sie eine schonungslose Analyse europäischer Selbstverleugnung und transatlantischer Abhängigkeit. Persönlichkeiten wie Šefčovič, Orbán oder Mélenchon dienen als mögliche Träger eines neuen europäischen Denkens, das Souveränität, Kooperation und Friedensfähigkeit in den Mittelpunkt rückt. Die EU-Kommission wird hingegen als entkerntes Verwaltungskonstrukt beschrieben, das von den Herausforderungen der Zeit überrollt wird. Am Ende steht ein visionärer Entwurf für ein neues Europa – dezentral, souverän, multilateral und offen für ein neues Verhältnis zu Russland.
Einordnung
Der Text ist ein ebenso ambitionierter wie radikaler Versuch, Europa aus der Krise seiner Selbstdefinition zu holen. Er vereint geopolitische Analyse, institutionelle Kritik und kulturelle Reflexion zu einem programmatischen Gegenentwurf zur aktuellen Brüsseler Ordnung. In seinem Plädoyer für strategische Eigenständigkeit, multipolare Koexistenz und eine Rückbindung an die Interessen der europäischen Völker bricht der Essay mit vielen liberalen wie konservativen Tabus. Auch unbequeme Themen – etwa die Rolle der AfD als Symptom – werden nicht ausgespart. Damit bietet der Text eine aufrüttelnde Grundlage für alle, die Europa nicht als technokratisches Projekt, sondern als zivilisatorisches Versprechen begreifen wollen.
NachDenkSeiten: „Wie die NATO eine suizidale Zeitbombe beschloss“
von Alexander Neu
Zusammenfassung
Alexander Neu analysiert den Beschluss des NATO-Gipfels von Den Haag, die Militärausgaben der Mitgliedstaaten auf 5 % des BIP zu erhöhen. Der Text zeichnet ein Bild von enormen fiskalischen Belastungen, wachsender transatlantischer Abhängigkeit und einer sicherheitspolitisch fragwürdigen Eskalation. Neu kritisiert die politische Unterwürfigkeit gegenüber den USA – insbesondere gegenüber Trump – sowie die realitätsferne Bedrohungsanalyse westlicher Sicherheitsexperten. Zugleich bezweifelt er die langfristige Umsetzbarkeit des Beschlusses angesichts sozialer Spannungen und divergierender Interessen innerhalb der NATO.
Einordnung
Der Beitrag liefert eine scharfe, datenreiche Kritik an der aktuellen NATO-Strategie und legt dabei besonderes Augenmerk auf die finanziellen wie politischen Folgen für Europa. Neus Argumentation entwirft ein Szenario wachsender innerer Bruchlinien im Bündnis. Auch wenn die Analyse eindeutig positioniert ist, macht sie nachvollziehbar, wie instabil das Fundament der vielbeschworenen „Einigkeit“ tatsächlich ist – und wo sich Widerspruch artikuliert, der sonst kaum Raum erhält.
NachDenkSeiten: „Geopolitischer Ausblick“
von Wolfgang Bittner
Zusammenfassung
In seinem Auszug aus dem neuen Buch „Geopolitik im Überblick“ analysiert Wolfgang Bittner den aktuellen Zustand der Weltordnung als Übergang von einer US-dominierten Hegemonie hin zu einer multipolaren Struktur. Während Trump teilweise auf Distanz zu Vorgängerregierungen geht – etwa durch die Ablehnung neuer Russland-Sanktionen – verfolgt er laut Bittner weiterhin einen imperialen Kurs mit völkerrechtswidrigen Maßnahmen, massiven Rüstungsvorgaben für NATO-Staaten und Konfrontation mit China. Auch innenpolitisch kritisiert Bittner eine zunehmende Repression gegenüber Regierungskritikern in der EU. Hoffnung sieht er in außerparlamentarischen Bewegungen und dem friedenspolitischen Manifest prominenter Sozialdemokraten, das sich gegen Hochrüstung und Konfrontation wendet.
Einordnung
Bittners Text bündelt geopolitische Analyse, Systemkritik und publizistische Zuspitzung zu einer scharfen Anklage gegen westliche Machtpolitik. Sein Blick auf Trumps Doppelstrategie – Kampf gegen den Tiefen Staat bei gleichzeitiger Fortsetzung imperialer Praktiken – verdeutlicht die Ambivalenz geopolitischer Machtwechsel. Besonders markant ist die Warnung vor demokratiegefährdender Repression im Inneren und der Ruf nach einer neuen Friedensordnung. Der Beitrag liefert keine neutrale Chronik, sondern eine pointierte Gegenperspektive zur transatlantischen Erzählung – mit hohem Impulspotenzial für eine kritische Debatte über Krieg, Ordnung und Verantwortung.
NachDenkSeiten: „BSW – ein Fall für den Verfassungsschutz? Die Verkommenheit des SPIEGEL kennt keine Grenzen mehr“ von Jens Berger
Zusammenfassung
Jens Berger kritisiert in seinem Kommentar eine SPIEGEL-Story, die eine mögliche Beobachtung des BSW durch den Verfassungsschutz thematisiert. Grundlage des SPIEGEL-Artikels seien laut Berger lediglich Zitate dreier weitgehend unbekannter Politiker, deren Aussagen von Redakteur Timo Lehmann zur Forderung hochstilisiert wurden. Berger wirft Lehmann eine persönliche Obsession mit dem BSW und unsaubere journalistische Methoden vor. Die Vorwürfe gegen das BSW – etwa Sympathien für Alina Lipp, Kontakte zu Friedensbrücke e.V. oder Moskau-Reisen – entbehren laut Berger jeder faktischen Grundlage oder Relevanz. Vielmehr entlarve der Beitrag exemplarisch eine tendenziöse Medienkampagne gegen das BSW.
Einordnung
Der Artikel ist ein scharf formulierter Medientext über die journalistische Entgrenzung im politischen Meinungskampf. Berger kritisiert nicht nur den SPIEGEL, sondern auch die mediale Gleichförmigkeit im Umgang mit oppositionellen Kräften wie dem BSW. Durch Beispiele, Ironie und historische Vergleiche macht er deutlich, wie schnell aus einzelnen Zitaten ein vermeintlicher „Verfassungsschutz-Fall“ konstruiert wird. Der Text verdeutlicht, wie eng Meinungsmache, Boulevardisierung und politische Stimmungsmache inzwischen miteinander verflochten sind – ein Beitrag zur Debatte über Medienverantwortung und politische Fairness.