In dieser Rubrik erscheinen wöchentlich ausgewählte Artikel aus unabhängigen, meinungsstarken Medien – zusammengestellt von meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Als Abgeordneter bleibt im politischen Alltag oft zu wenig Zeit, um sich selbst täglich durch die Vielzahl an relevanten Beiträgen zu arbeiten. Deshalb erhalte ich regelmäßig ein fundiertes Pressebriefing, aus dem hier einige besonders lesenswerte Texte hervorgehoben werden. Die Auswahl setzt Impulse, regt zum Nachdenken an und eröffnet Perspektiven jenseits des etablierten Meinungskanons – zu Themen, die auch meine Arbeit im Landtag prägen: Frieden, Europa und die gesellschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland.
Hinweis: Die hier empfohlenen Beiträge spiegeln nicht in jedem Fall die Positionen von Nico Rudolph oder seinem Team wider. Sie wurden aufgrund ihrer inhaltlichen Relevanz und Impulsstärke ausgewählt.
NachDenkSeiten: „SCO-Gipfel – Ein Schreckgespenst für den Westen“
von Alexander Neu
Zusammenfassung
Alexander Neu analysiert den 25. Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in China und hebt dessen politische Signalwirkung hervor: Die multipolare Neuordnung der Welt zeigt sich in der wachsenden Kooperation zwischen Staaten wie China, Russland, Iran, Indien und Belarus. Besonders der indische Premier Modi sorgte mit freundschaftlichen Gesten gegenüber Xi und Putin für Irritation im Westen, der das Treffen gern als „Autokraten-Gipfel“ abtut. Neu stellt dem westlichen Führungsanspruch, wie er durch Begriffe wie „regelbasierte Ordnung“ verkörpert werde, die realpolitischen Annäherungen der SCO-Staaten entgegen. Er beschreibt die westliche Reaktion als ideologisch blockiert, von Hybris geprägt und unfähig, die neuen globalen Machtverhältnisse als Chance zur kooperativen Weltordnung zu begreifen.
Einordnung
Der Artikel kritisiert die westliche Arroganz im Umgang mit aufstrebenden nicht-westlichen Allianzen und fordert ein Umdenken weg vom Blockdenken hin zu echter globaler Partnerschaft. Er stellt die SCO als Gegengewicht zu G7 und NATO dar, nicht als Bedrohung, sondern als Ausdruck legitimer Emanzipation. Neu spricht aus einer dezidiert antiimperialistischen Perspektive und plädiert für strategische Nüchternheit, Selbstreflexion und den Verzicht auf moralische Überheblichkeit in der internationalen Politik.
NachDenkSeiten: „Deshalb glaube ich, dass wir über kurz oder lang einen Rundfunk haben werden, der auch ganz offiziell Staatsfunk ist“
von Marcus Klöckner
Zusammenfassung
Im Interview mit Marcus Klöckner analysiert der Medienforscher Michael Meyen die strukturellen Abhängigkeiten und ideologischen Mechanismen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Seiner These nach verfehlen ARD & Co. ihren Auftrag systematisch, weil sie bei politischen Kernthemen wie Migration, Russland oder Krieg nur offizielle Sichtweisen zulassen und Gegenpositionen marginalisieren. Meyen spricht offen von „Staatsfunk“ und führt drei zentrale Einflusshebel an: parteipolitisch dominierte Aufsichtsgremien, intransparente Mittelvergabe durch die KEF und eine hierarchische Beschäftigungsstruktur, die Journalistinnen und Journalisten erpressbar macht. Der zunehmende Vertrauensverlust, hohe Vollstreckungsquoten beim Rundfunkbeitrag und internationale Beispiele wie Dänemark oder Frankreich führen laut Meyen auf direktem Weg zur offiziellen Staatsfinanzierung – mit allen Risiken, aber auch neuen Chancen.
Einordnung
Das Interview gibt einen tiefen Einblick in die institutionellen Verflechtungen von Staat, Kapital und Rundfunk. Meyen argumentiert aus demokratietheoretischer Perspektive, benennt systemische Ursachen für propagandistische Tendenzen im Programm und fordert ein neues, transparentes Modell: kleinteilige Budgets, direkte Bürgerbeteiligung und gesicherte Redaktionsfreiheit. Die Kritik zielt nicht auf den Journalismus als solchen, sondern auf dessen strukturelle Unfreiheit – ein Beitrag zur überfälligen Reformdebatte über öffentlich-rechtliche Medien in Deutschland.
Manova: „Den Ukrainekonflikt neu denken“
von Ruel F. Pepa
Zusammenfassung
Der Beitrag argumentiert, dass der Krieg in der Ukraine nur durch einen strategischen Sieg Russlands beendet werden könne. Aus Sicht des Autors handelt es sich bei dem Konflikt nicht primär um einen Angriffskrieg, sondern um einen Stellvertreterkrieg des Westens, bei dem die Ukraine für geopolitische Interessen der USA und NATO instrumentalisiert werde. Die westliche Diplomatie wird als bloße Verzögerungstaktik dargestellt, um Russlands Kräfte zu erschöpfen. Im Unterschied zu früheren US-Regierungen habe Biden eine aggressive Konfrontationslinie verfolgt, die weder Frieden bringe noch der Ukraine diene. Eine dauerhafte Stabilität könne laut dem Artikel nur entstehen, wenn der Westen seine Einflussnahme aufgibt und Russland seine strategischen Ziele vollständig durchsetzt.
Einordnung
Der Artikel stellt die westliche Ukraine-Politik grundsätzlich in Frage und propagiert offen eine militärische Lösung zugunsten Russlands. Dabei werden etablierte Narrative umgekehrt: Nicht Russland, sondern der Westen erscheint als Aggressor, nicht Diplomatie, sondern Sieg als Weg zum Frieden. Diese Perspektive widerspricht dem Mainstream radikal, ist aber Ausdruck einer wachsenden Skepsis gegenüber der Eskalationslogik des Westens. Der Beitrag verdeutlicht, wie sehr sich geopolitische Lesarten unterscheiden können – und wie notwendig eine offene, ehrliche Debatte über Auswege aus dem Krieg wäre.
NachDenkSeiten: „Öffentliches Gelöbnis Hunderter Bundeswehrsoldaten mit Panzer vor dem Parlament: Zur Schau gestellter politischer Offenbarungseid“
von Marcus Klöckner
Zusammenfassung
Marcus Klöckner kritisiert das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr vor dem Düsseldorfer Landtag scharf und versteht die Veranstaltung als Symbol für eine fortschreitende Militarisierung der Gesellschaft. Der Leopard-Panzer vor dem Parlament sei Ausdruck eines neuen Polit-Militarismus, der das demokratische Fundament untergrabe. Das Militärische werde in die Öffentlichkeit gedrängt, die Bundeswehr medial inszeniert und die Bevölkerung mit Bildern von Waffen und Gehorsam indoktriniert. Hinter der öffentlichen Zurschaustellung stehe eine politische Agenda, die unter dem Deckmantel der „Zeitenwende“ einen zunehmend autoritären Sicherheitsstaat aufbaue – während zentrale Aufgaben wie Bildung oder soziale Gerechtigkeit vernachlässigt werden.
Einordnung
Der Kommentar verbindet scharfe Polemik mit grundsätzlicher Systemkritik an der aktuellen Sicherheitspolitik. Mit Bezug auf historische Verantwortung und demokratische Grundprinzipien stellt Klöckner die Frage nach der politischen Symbolik solcher Gelöbnisse. Der Beitrag reiht sich ein in eine wachsende Zahl kritischer Stimmen, die den Umgang mit Militär und Aufrüstung als Ablenkung von gesellschaftlichen Missständen und als Angriff auf zivile Normen deuten. Für eine friedenspolitisch orientierte Perspektive liefert er zugespitzte, aber diskussionswürdige Impulse.
NachDenkSeiten: „Der fatale Triumph der US-Lobbys: Die EU soll russisches Gas ‚für immer‘ verbieten“
von Tobias Riegel
Zusammenfassung
Tobias Riegel kritisiert die Pläne der EU-Kommission scharf, künftig dauerhaft auf russisches Gas zu verzichten – selbst nach einem möglichen Kriegsende. Der dänische EU-Kommissar Dan Jørgensen erklärte, Europa werde nie wieder „ein einziges Molekül russischen Gases“ kaufen. Stattdessen setze Brüssel auf US-LNG – ungeachtet wirtschaftlicher, klimapolitischer oder geopolitischer Vernunft. Riegel sieht in dieser Entwicklung einen geopolitischen Offenbarungseid: Nicht die Interessen der EU-Bürger bestimmten die Energiepolitik, sondern US-Lobbys. Trotz teurer Energie, wachsender Abhängigkeit und sozialer Verwerfungen setze sich in Brüssel eine transatlantisch hörige Linie durch, flankiert von einer moralisch aufgeladenen Russlandfeindschaft. Hoffnung gäbe es nur, wenn Mitgliedstaaten und EU-Parlament diese Linie noch stoppen.
Einordnung
Der Artikel verbindet wirtschaftspolitische Kritik mit geopolitischer Analyse und anhaltender Skepsis gegenüber US-Einfluss auf europäische Entscheidungen. Riegel stellt die Energiefrage in einen größeren Kontext aus sozialer Gerechtigkeit, transatlantischer Abhängigkeit und gescheiterter Friedenspolitik. Für friedens- und sozialpolitische Perspektiven liefert der Beitrag einen klar positionierten, meinungsstarken Impuls – mit Verweisen auf vergangene NDS-Analysen zur Energiepolitik.
Overton: „Warum ruft Merz Putin nicht an?“
von Roberto de Lapuente
Zusammenfassung
Im Interview mit Roberto De Lapuente kritisiert Sahra Wagenknecht das außenpolitische Agieren der EU und der Bundesregierung als historisches Versagen. Der Ukrainekrieg sei nicht durch russische Expansionslust, sondern aus Sicherheitsinteressen entstanden. Die EU verhindere mit ihrer Forderung nach einem vorherigen Waffenstillstand echte Verhandlungen und betreibe eine Eskalationspolitik. Wagenknecht fordert direkte Gespräche mit Russland, eine Rückkehr zu wirtschaftlichen Beziehungen und die Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines. Sie warnt vor der Stationierung deutscher Soldaten in der Ukraine und lehnt einen EU-Beitritt des Landes wegen der Kostenfolgen ab. Auch im Nahostkonflikt wirft sie der Bundesregierung einseitige Parteinahme und Mitverantwortung für das Sterben in Gaza vor. Die angekündigte Friedenskundgebung am 13. September in Berlin soll ein Zeichen gegen Waffenlieferungen, Aufrüstung und Militarisierung setzen.
Einordnung
Das Interview zeigt einmal mehr, wie klar Sahra Wagenknecht den außenpolitischen Kurs der Bundesregierung und der EU kritisiert – und wie deutlich sie sich dabei als Alternative positioniert. Ihre Argumentation vereint geopolitische Nüchternheit mit wirtschaftspolitischem Realitätssinn: Wer den Industriestandort Deutschland sichern will, muss über ein Ende der Russland-Sanktionen und eine neue Energiepartnerschaft reden dürfen. Besonders auffällig ist Wagenknechts konsequente Ablehnung der Hochrüstung und ihr Plädoyer für echte Diplomatie – auch mit Russland. Ihre Kritik an der Bundesregierung als „Kriegsverlängerer“ ist ebenso scharf wie ihre Ablehnung deutscher Waffenlieferungen in den Nahen Osten. Damit setzt sie ein unmissverständliches Zeichen gegen den Kurs der Ampel und bietet einen programmatischen Gegenentwurf. Dass sie die Friedenskundgebung am 13. September so prominent in das Interview einbindet, unterstreicht den strategischen Anspruch des BSW, die gesellschaftliche Stimmung zu wenden und das Thema Frieden wieder auf die Tagesordnung zu setzen.
NachDenkSeiten: „Professoren fordern Neu-Auszählung der Bundestagswahl“
von Tobias Riegel
Zusammenfassung
Zwei Politikwissenschaftler fordern in der FAZ eine Neuauszählung der Bundestagswahl, da das knappe Ergebnis die Parlamentsmehrheit verändern könnte. Die Frage, ob das BSW über fünf Prozent lag, sei mandatsrelevant – und daher grundlegend für die demokratische Legitimität des Bundestags. Die Bundesregierung hätte ohne gültige Mehrheit regiert, falls sich das Ergebnis nach Korrektur zugunsten des BSW verschöbe. Das Bundesverfassungsgericht hat den Bundestag bereits wegen Untätigkeit in der Wahlprüfung gerügt und betont das öffentliche Interesse an einer raschen Klärung. Laut BSW hätten die Stellungnahmen der Landeswahlleiter viele Einwände bestätigt: Es gab Auszählungsfehler, teilweise erkennbare Diskrepanzen im amtlichen Endergebnis und kaum Transparenz über Korrekturen. Auch Statistikexperte Gerd Bosbach unterstütze die Forderung. Der Autor sieht in der Auszählung eine demokratische Notwendigkeit – und kritisiert den Hass, mit dem manche Regierungsanhänger auf berechtigte Zweifel reagieren.
Einordnung
Der Artikel liefert eine scharfe Kritik am Umgang der etablierten Politik mit dem knappen Wahlausgang und stellt das Verhalten von Bundestag und Landeswahlleitern als systemisch problematisch dar. Die Forderung nach Neuauszählung wird aus demokratischem Grundverständnis abgeleitet – nicht als bloßer parteipolitischer Vorwand. Die Argumentation ist für die Öffentlichkeitsarbeit des BSW anschlussfähig, etwa zur Stärkung des eigenen Demokratieverständnisses oder zur Thematisierung struktureller Ausgrenzung.
Manova: „Die Friedensbedingung“
von Uwe Froschauer
Zusammenfassung
Uwe Froschauer analysiert das Konzept der Sicherheitsgarantien im Kontext des Ukrainekriegs und betont, dass ein dauerhafter Frieden ohne beiderseitige Garantien nicht möglich sei. Er kritisiert die westliche Auslegung von Sicherheit als einseitige Machtdemonstration, die Russland ausgrenzt und so keine stabile Ordnung schafft. Der Autor beleuchtet historische Vertrauensbrüche gegenüber Russland – von der NATO-Osterweiterung bis zur Instrumentalisierung der Minsker Abkommen – und stellt infrage, ob westliche Staaten überhaupt ernsthaft an Frieden interessiert sind. Er fordert multilaterale, glaubwürdige Garantien unter Einbeziehung Russlands und lehnt sowohl NATO- als auch EU-Beitrittsperspektiven für die Ukraine strikt ab. Stattdessen plädiert er für UN-Blauhelme, eventuell unter Beteiligung Chinas. Deutsche Truppen zur Friedenssicherung lehnt er ebenso ab wie die Einflussnahme westlicher Rüstungsinteressen, die er als kriegstreibend brandmarkt. Die Forderungen westlicher Politiker wie Kiesewetter, Strack-Zimmermann oder Macron hält er für gefährlich und weltfremd.
Einordnung
Der Text ist ein scharfer, polemischer Appell gegen westlich dominierte Sicherheitskonzepte, die Russland außen vor lassen. Froschauer verknüpft geopolitische Analysen mit historischen Rückblicken und stellt die moralische Glaubwürdigkeit des „Wertewestens“ grundsätzlich infrage. Seine Argumentation betont das Misstrauen gegenüber westlicher Kriegspolitik und fordert eine friedenspolitische Umkehr, in der Russland als gleichberechtigter Akteur behandelt wird. Der Beitrag liefert wichtige Impulse zur Debatte über Sicherheitsarchitekturen und Friedensgarantien und hebt sich durch seine Systemkritik und Deutlichkeit vom Mainstream-Diskurs ab.